Eine eindrucksvolle Begegnung

Eine eindrucksvolle Begegnung
15. April 2012      Eine Woche der Freundschaft.      23. April 2012

Die Stadt Würzburg hatte ehemals jüdische Mitbürger eingeladen, noch mal – oder erstmals die Stadt, in der sie gelebt, gearbeitet und die sie, wie wir,  geliebt hatten, zu  besuchen.  Diese Stadt, wo man sie ausgegrenzt, beschimpft und erniedrigt hat, wo man ihr Eigentum beschädigt, erpresst und enteignet hat, aus der man sie vertrieben oder mit Gewalt weggeführt hat.  Nur wenige haben KZ und Vernichtungslager überlebt, viele verließen ihre Heimatstadt und mussten in der Fremde mir ihrer Familie ganz von vorn eine neue Existenz aufbauen.  Sie kamen zögernd, nicht ahnend, was sie hier erwartet -  dahin wo sich keiner traute, auch nur einen Finger zu rühren - als man sie zuerst bei Nacht und Nebel, dann am heller lichten Tag von Schutzpolizei eskortiert durch Würzburgs Straßen zum Verladebahnhof an der Aumühle trieb,  den Weg für so viele in den Tod.
Ein engagiertes Team Würzburger Bürger hat gemeinsam mit der Stadt Würzburg mit Oberbürger¬meister Georg Rosenthal an der Spitze, der endlich, spät, aber noch nicht zu spät die Initiative ergriff, ein Programm gestaltet, das unseren Gästen eindrucksvoll zeigte, dass sie es mit Menschen im heutigen Würzburg zu tun hat, die nicht nur aus der Vergangenheit gelernt haben, sondern auch von ganzem Herzen und Verstand dabei sind und ihrem Kommen mit Bangen entgegen sahen.

Ja, auch ich habe mich gefragt, wie wird es wohl sein; werde ich, wenn ich wieder mit Gleichaltrigen zusammen treffe, meine Hemmungen überwinden können, werde ich darüber reden können, was mich damals bewegte, als ich in zwei Welten aufwuchs – zwischen Elternhaus und Schule – und wie mich 1945 die brutale Wahrheit traumatisierte und mein Leben veränderte.
Schon mehrere Male habe ich Gelegenheit gehabt, mit Opfern des Faschismus zu sprechen und jedes Mal war ich tief betroffen von dem Verständnis und der Offenheit mit der man mir begegnete.
Trotzdem ging ich mit bangem Herzen auf die Menschen zu, auf die ich mich freute, denn einige von ihnen tangierten meinen Lebensweg oder lagen mir aus geschichtlichem Interesse im Sinn.
Da gab es Verwandte von Julius Gotthilf, dem Nachbarn in meiner Kindheit, in dessen Papierlager ich nicht nur stöbern durfte, sondern auch mitnehmen durfte, was mir gefiel, was mir schon früh die Literatur der 20er Jahre erschlossen hat.
Oder die Tochter von Max Fechenbach und ihre Kinder, den ich selbst noch bei Spruchkammer-verhandlungen sehen konnte und dessen Bruder Felix Vorbild meiner späten Jahre wurde.
In 2011 hatten wir die Stolperstein-Verlegung mit dem Schwerpunkt Weinhandel und dabei war ich auf die Broschüre der Max- Stern Weinhandlung in den Kellern der Alten Universität gestoßen und seitdem lässt mich dieses Thema nicht mehr los und vor allem – wo sind die wunderschönen geschnitzten Weinfässer der Sterns geblieben.  Und jetzt, nur kurz vor dem Besuch wurden wir fündig.  Wir fanden im Keller des Juliusspitals nicht nur die 4 Prunkfässer, die in der Broschüre abgebildet sind, sondern auch das Fass mit dem Konterfei seiner Gattin und wohl auch die Fässer der Kinder, aus denen allerdings der Stern und die Namen herausgefräst sind. Diese Kostbarkeiten konnten wir den Angehörigen bei einem Besuch vor Ort zeigen.
Gefreut habe ich mich auch sehr, als ich erfuhr, dass Herbert Mai und Fred Zeilberger die beiden Freunde, die KZ und Vernichtungslager überstanden, mit ihren Frauen unsere Stadt wieder beehren.
Ja und dann kamen sie und es gehörte zu den schönsten Erlebnissen meines Lebens.
Das unglaubliche: Während dieser Woche hörte ich kein Wort des Tadels oder der Aufrechnung, wie ich es hierzulande fast täglich erleben muss. Da brandet uns eine Welle der Dankbarkeit, ja der Freundschaft entgegen, da werde  ich nach meinem Vortrag im Keller der Alten Uni so umarmt, dass mir buchstäblich die Luft wegbleibt. Da werden wir Alten, die wir, gern oder gezwungen, bei Jungvolk und HJ mitgemacht haben, sogleich auf Augenhöhe geachtet und angehört.  Da darf ich selbst angesichts der gestohlenen Schätze erfahren, dass sie sich vorstellen könnten, wieder hier in Würzburg zu leben. 
Bin ich jetzt rehabilitiert ? Kann ich jetzt ruhig schlafen ?
Eine Woche der Begegnung mit bezaubernden Menschen und mit meiner Vergangenheit ist vorbei. Wir haben unseren Gästen eine schöne Woche beschert und alles getan, um ihnen einen schönen Aufenthalt zu bescheren.  Das ist uns  gelungen.  Sie nehmen ein Bild von Würzburg mit in ihre neue Heimat, das wir ihnen gezeichnet haben.
Aber: Wie sieht bei uns in Deutschland die Realität aus.  Das haben wir ihnen nicht zeigen wollen. Wir hätten uns schon wieder schämen müssen.  Die Glatzköpfe und Hirnlosen marschieren unter Polizeischutz.  Sie provozieren und lachen über unsere Hilflosigkeit und bekommen auch noch Steuergelder für ihre fremdenfeindliche Politik.
Nein !  Wir können nicht ruhig schlafen solange ein solches zusammen Leben wie ich dieser wunderschönen, unvergesslichen Woche nicht die tägliche Realität widerspiegelt.
Es ist noch viel zu tun.

Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem dies kroch.

 

Burschenschaftler diskutieren erneut die Art „Ariernachweis“. MP Freitag, 24.5. 2013

„Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem dies kroch“

Die Nachricht kommt fast auf den 80. Jahrestag der Bücherverbrennung in unserm Land –,  auch in Würzburg, wo auf dem Residenzplatz die Schriften der deutschsprachigen geistigen Elite des 19. und 20. Jahrhunderts in Flammen aufgingen.  Ein Aufruf  der Studentenschaft der Universität richtete sich an die Studenten und Bürger: „Reinigt Eure Büchereien“ – Abgabestelle: Studenten­haus Zimmer 70.  Und es waren die Burschenschaftler die in Würzburg nach einem Propaganda­marsch durch die Innenstadt dieses kulturfeindliche Spektakel in Szene setzten.  Heinrich Heine sagte 1821 schon: „Dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen“.  Zwei Jahre später öffneten die Nürnberger Gesetze die Schleussen, die Millionen von unschuldigen Menschen das Leben kosteten, darunter auch viele dieser Schriftsteller.  Diese neue Art von „Ariernachweis“ ist eine Fortführung der Diskriminierung mit den gleichen Mitteln.  Diese Gefahr ist am 1. Mai hier aufmarschiert und die Würzburger haben ihnen gezeigt, was sie von ihnen halten.  Wer einen Arier-Nachweis welcher Art auch immer verlangt, hat hier nichts zu suchen.

 

Die Rentner sollens richten

Endlich gibt es eine Lösung


Zu: „Fiskus hat Rentner im Visier“  MP/VB am 3.Mai 2013-05-05

Endlich gibt es eine Lösung unserer Finanzprobleme.  Da zerbrach man sich den Kopf, wie die Banken zu retten sind, wie man Auslandseinsätze bezahlt, die Diäten erhöhen kann und der Verfolgung der Steuerflüchtlinge entgehen kann: Die Rentner sollen’s richten, denn deren Kasse hat man schon erfolgreich für alles andere geplündert – die waren das doch gewohnt, hatten sie doch damals die zerstörten Städte wieder aufgebaut, ohne Kindergeld, ohne Elterngeld, hatten ständig am Rande des Existenzminimums ihren Beitrag zur Demokratie und Wohlstand geleistet und hatten während ihres Rentnerdaseins spüren müssen, wie der Wert ihrer Netto-Rente und die Preisentwicklung verschiedene Wege gingen. Und was sie einst eingezahlt haben, liegt halt nicht sicher in der Schweiz oder anderswo, sondern ist längst verwurstelt.  Die 60 000 sind wohl ein Test, wenn sich niemand regt, kommen auch die andern dran.  Das ist so sicher, wie die Konten der andern in der Karibik

Mobilität und Stadtbild

Mobilität und Stadtbild   19.4.2013

Wieder einmal ist Mobilität das Thema – und man kann dankbar sein, dass man eigentlich nicht nachdenken muss, weil das, was getan werden müsste, seit mindestens 30 Jahren unverändert vorgetragen  und von der Entwicklung auch vollbestätigt wird.  Dass es trotzdem von vielen nicht zur Kenntnis genommen wird:  dass die Aufenthaltsqualität in Fußgängerzonen verbessert wird, dass wir genug Parkplätze haben, dass ein paar zusätzliche P+R-Plätze mit Bus-Anbindung die Situation nicht nur verbessern, sondern auch die Fremdenverkehrs- und Einkaufsstadt aufwerten würde, ist schon sehr eigenartig.  Obwohl Würzburg optisch durch die Altstadt dominierende gesichtslose Beton-Glaskisten an Attraktivität verloren hat, steigen trotzdem die Besucherzahlen und verdient wird, wie man sieht auch genug.  Und wer durch Würzburg geht, stellt fest, dass sich die Menschen auf diesen Straßen wohlfühlen. Ich sag es immer wieder: die Stadt ist für die Menschen da und jede Verbesse­rung des ÖPNV macht unzählige Parkplätze überflüssig.