Erinnerungdskultur

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                              Die Geschichtswerkstatt
                  im „Verschönerungsverein Würzburg e.V.“

                           Ihre Geschichte im Blick aus 2020 von Helmut Försch

In den späten 1980er Jahren gab es im Rahmen der Volkshochschule eine Gruppe, die sich mit der Würzburger Geschichte beschäftigte. Als diese aufgelöst wurde fand sich ein Freundeskreis, der in ihrem Sinne weiter arbeitete. Heinrich Weppert übernahm die Führung des sich  zunächst vor allem mit der Sammlung und Bestimmung von Bildern, Postkarten und Texten aus der Vergangenheit und vor allem der Zerstörung und dem Wiederaufbau der Stadt widmenden Kreises. Dabei standen die Angriffe auf Würzburg und die Bombennacht des 16. März 1945 als menschenfeindlicher Akt im Mittelpunkt. Die Ursachen des Krieges und die Opfer waren noch kein Thema. Bis 1998 traf man sich zum Austausch der Bilder und Gesprächen. Bei diesen Zusammenkünften waren oft über 20 der etwa 50 Listenmitglieder beisammen.

Der für die Erinnerung an das „Alte Würzburg“ aufgeschlossene Oberbürgermeister Jürgen Weber ermöglichte mit einem großzügigen Zuschuss eine erste Ausstellung und den Druck des ersten Bild­katalogs. Die GW ging in die Öffentlichkeit, verkaufte bei der Ausstellung, bei Stadtfesten, Verei­nen, etc. und vor allem auf dem Weihnachtsmarkt ihre Hefte der jährl. Ausstellungen und der 2 x jährlich aufgelegten „Alt-Würzburg“-Reihe, aber auch Nachdrucke von historischen Ansichts-, Glückwunsch-, Weih­nacht-, und Neujahrs- Postkarten und Kalender. Das war die Basis um aktive Geschichtsarbeit zu finanzieren und den Bürgern nahe zu bringen. Ein kleiner Kreis von selten über 7 Personen war aktiv. Die Technik und die Finanzen hat von Anfang an Heinrich Weppert über­nom­men, der auch alle Geräte erwarb, da er alle Geschäfte über seinen Betrieb abwickeln konnte. Die Verkaufsfläche bei Ausstellung, Weihnachtsmarkt oder Festen waren ca. 20 – 30 qm. Die Redak­tion für die Gestal­tung der Ausstellungen, Hefte, Konzepte und Einsätze fand ein- oder zwei­mal wöchent­lich bei der Fam. Försch statt. Weppert hatte weitere Standbeine in seinen Studio 3, beim Fotoklub, dem Filmclub und seiner Kalenderedition. Mitten in dieser florierenden Entwick­lung wurde Heiner von einer Krankheit erfasst, die ihn schon nach wenigen Wochen niederwarf. Helmut Försch hat ihn am Krankenbett regelmäßig besucht. Heiner Weppert vergatterte ihn in der der Palliativstation: „Jetzt musst Du weiter machen.“  Aber Weppert gab nichts preis, was dieses „Weitermachen“ erleichtert hätte.

Es war nicht vorauszusehen, wie schwer sich die Auseinandersetzung, die Entflechtung und Zuord­nung der dem Freundeskreis gehörenden Geräte, Utensilien, Daten und Schriften aus dem verzweig­ten Fundus Wepperts ohne direkte Einsicht ermöglichen würde. Helmut Försch übernahm die Ver­antwortung, er zerbrach fast an der Aufgabe. Peter Hulansky übernahm zunächst die Geräte. Große Hürden mussten überwunden werden. Friedl Försch hat ihren Mann, der wiederholt nahe daran war zu resignieren, nicht nur ermuntert, sie hat ihm die Wichtigkeit vor Augen geführt, was die GW für Würzburg bedeutet. Sie meinte: schließt euch doch einem Verein an.
Für ihn war inzwischen klar, dass, wenn er zum Weitermachen bereit wäre, folgende Voraussetzun­gen zu erfüllen seien: klare Verhältnisse, offene Kassenführung, alle Entscheidungen in Mehrheit zu fassen, Achtung vor der Meinung der andern, aber stets im Grundsatz: für Frieden, Freiheit und Gerech­tigkeit im Rahmen des Grundgesetzes. Er hat Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Milita­rismus und Antisemitismus als nicht ver­einbar mit seiner Arbeit angesehen und war und ist nicht bereit, das zuzulassen. Wenn die Mehrheit das nicht akzeptiert, wird er die GW verlassen. Die Gründung eines Vereins kam für ihn nicht in Frage. Kontakte mit Vereinen scheiterten an der Frage der Bereitstel­lung eines Arbeits­raumes oder der Satzung.

Da wurde eingeladen zur Hauptversammlung des Verschönerungsvereins. H. Försch war dort Mitglied und schon 1990 für seine Verdienste für die Ziele des VVW mit der Lenz-Grafik geehrt worden, außerdem war Willi Dürrnagel, der dem Freundeskreis nahestand, als neuer Vorsitzender im Ge­spräch. Also sprach er ihn an und dann ging es schnell, Dürrnagel  wurde gewählt und schon bei der ersten Ansprache plädierte Dürrnagel dafür, die GW als Ganzes in den VVW aufzunehmen. Besser hätte es, seiner Verpflichtung nachzukommen, für Försch und die GW nicht gehen können. Der VVW bietet eine Heimat, unterstützt seitdem mit jedem Vorsitzenden ideell, aber auch finanziell die Arbeit. Für die Geschichtswerkstatt ist damit die Zukunft gesichert. Die Freunde und Mitarbei­ter sind sich bewusst, dass ihre Arbeit auch im Sinne des VVW zu gestal­ten ist.
Eine Hürde musste noch genommen werden. Försch hatte daran gedacht, die GW als Sektion ein­zugliedern und dafür auch schon eine Satzung ausgearbeitet. Das hätte eine Satzungsänderung des VVW erfordert. Schließlich wurde, und das bis heute, eine Lösung im beiderseitigen Einvernehmen geschlossen. Damit ist die „GW im VVW“ zwar noch sichtbar, aber im Verschönerungsverein auf­gegangen. Die Mitarbeiter der GW sind alle Mitglieder des VVW. Helmut Försch hat sein Versprechen wahr gemacht und dem VVW gegenüber die Verantwortung übernommen.

Im ersten Winter hatte man alles, was der GW geblieben war, auf dem obersten Stockwerk des Handwerkerhauses untergebracht. Dort gab es keine Heizung, zum Glück aber wenigstens Strom. Und dort droben hat Helmut Försch mit seiner Frau Weihnachts- und Neujahrskarten gedruckt und vorher PC und Drucker angewärmt. Daheim haben sie dann die Drucke geschnitten, gefalzt und kuvertiert. Auf dem Handwerker-Weihnachtsmarkt haben sie mit wenigen Freunden, die den neuen Weg mitzugehen bereit waren, die finanziellen Grundlagen gelegt für eine neu konzipierte und neu orientierte kulturelle Arbeit für unser Würzburg. Seitdem ist schon über ein Jahrzehnt vergangen mit viel beachteten Ausstellungen und 15 Publikationen. Vom alten Freundeskreis sind 2020 noch dabei: Barbara Keller, Willi und Inge Bach, Friedl und Helmut Försch.

Aus seiner in nun 75 Jahren geleisteten ehrenamtlichen Arbeit gewachsenen Erfahrungen und der Einfügung in den VVW hat er den Versuch gemacht, ohne Hierarchie, Satzung und Aufgabenver­teilung auf Basis des Vertrauens, der Achtung und Würde zusammen zu wirken und damit das Beste für die Geschichte unserer Stadt zu tun und dem VVW in Wort Schrift und Bild zur Ehre und Ansehen beizutragen. Dafür steht er mit seinem Wort und das hat er auch im Beirat bewiesen. Da er als Schwerbehinderter abends nur unter großen Umständen und Gefahren unterwegs sein kann, hat er gebeten, die Vertretung der GW in diesem Gremium zunächst Alexander Kraus und nach seinem Ausscheiden an Petra Girstl zu übergeben. Der von Helmut Försch nun schon im zwölften Jahr stand gehaltene Versuch einer offenen Verwaltung der GW hat schwere Rückschläge erlitten. Im Zweifelsfalle gibt es bei Differenzen keinen geordneten Entscheid. Er hat das trotz seiner Bedenken bisher übernommen. Aber diese Möglichkeit ist nicht festgeschrieben. Das wäre aber anzustreben.
Helmut Försch hatv sichh 2021 ausb seiner Verantwortung dem VVW gegenüber zurück gezogen.