Stolpersteine gewürdigt

 Stolpersteine gewürdigt
Bei der letzten Sitzung des Stadtrats im Dezember 2010 wurd u.a. die Aktion Stolpersteine mit der Wilhelm-Josef-Behr-Medaille ausgezeichnet.                         
In meinen Dankesworten sagte ich:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Mitbürger,
ich bin sehr bewegt von dieser Ehrung, die uns heute zuteil wird.  Die Stadt Würzburg  würdigt damit die Arbeit des Arbeitskreises Stolpersteine, sie zeigt damit aber auch, dass sie voll hinter diesem Erinnerungswerk steht, sie setzt damit ein deutliches Zeichen.  Ich bin in besonderer Weise betroffen, denn für mich ist diese Aktion das Ziel und  der Höhepunkt meines über 60jährigen Strebens, mit den Erlebnissen, den Zweifeln und Vorwürfen fertig zu werden, die mir als Mitglied der Tätergeneration wie Pech anhaften. 
Mit Bestürzung und wachsender Verzweiflung habe ich nach Kriegsende das ganze Ausmaß dessen sehen müssen, was von uns, oder in unserm Namen  angerichtet wor­den ist. Dieses Trauma drückt mich auch heute noch, selbst wenn Menschen wie Max Mannheimer, die Kinder von Felix Fechenbach, Karl Weller und andere mir sagten: „Du warst doch da noch ein Kind“   Aber ich war 1945 fast 17 Jahre alt und ich habe zumindest ab 1943 gewünscht, dass das zu Ende gehen sollte, aber nichts getan, mir überhaupt nicht vorstellen konnte, was ich hätte tun sollen. Nach 1945 war ich jedoch überall zu finden, wo es gegen Faschismus und Militaris­mus ging.  Bis in unsere Tage habe ich mich geschämt ein Deutscher zu sein, wenn es um Dinge wie Wieder­­gut­machung oder Aufarbeitung der Vergangenheit, um Denkmale oder Fremdarbeiter ging, wenn würde- und instinktloslos um Banalitäten, Geld und Verantwortung  gefeilscht wurde, aber nichts geschah, im Gegenteil, es wurden die Opfer, ganze Volksgruppen weiter diffamiert und verfolgt, wurde und wird immer noch versucht die Nazizeit zu relativieren. Wie traumhaft kommt es mir aber vor, wenn die Kinder, Verwandte und Freunde der Opfer Dank sagen für unseren Einsatz, wenn viele mir daraus in Freund­schaft verbunden sind, wenn ich sehe, auf wie fruchtbaren Boden unsere Arbeit fällt und was wir damit für Frieden und Freundschaft tun können. Hitler und seine Paladine haben mit Worten wie ausradieren, auslöschen, vernichten ständig gedroht und ich höre diese Stimmen noch immer.  Und es ist ihnen gelungen, Sie haben unsere Mitbürger weggeführt, ermordet, ihre Namen und ihre Asche in den Wind gestreut.  Die Stolpersteine bringen diese Menschen wieder heim. Da wo sie lebten und liebten, arbeiteten und feierten sind sie wieder spürbar.  Es ist nur eine Geste, das was wir tun.  Aber es ist ein Signal, zur Erinnerung an das was geschehen ist, zur Mahnung auf der Hut zu sein, aber das wichtigste: Beispiel geben, sich bekennen, Zivilcourage erlernen, keine Gewalt zulassen, sich ein­mischen.  Viele Vorkommnisse in unseren Tagen beweisen, dass wir damit noch am Anfang stehen.

Wir müssen noch viele Stolpersteine verlegen und die Idee von Frieden, Gerechtig­keit und Freiheit verbreiten, uns einsetzen gegen Hass und Revanchismus. Der Gedanke an Wilhelm Joseph Behr, der für diese Ideale lebte, in den Kerker ging und starb, wird uns weiterhin Vorbild und Richt­schnur sein. Diese Medaille wird uns mahnen, alles zu tun, dass alle Menschen die man auslöschen wollte, wieder in unsere Stadt zurück kehren dürfen.